Landgericht Frankfurt, Abschlusserklaerung, Frist zur Abgabe einer Abschlusserklärung
zurück

Aktenzeichen:   6 W 122/05
Verkündet am:
12. September 2005


LANDGERICHT FRANKFURT

BESCHLUSS
 

In Sachen

...
 - Klägerin -
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwalt ...

g e g e n

...
- Beklagte -
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwalt ...

...

hat das Landgericht Frankfurt am 12.9.2005 beschlossen:
....
 

Gründe:

I.

Die Klägerin hat mit Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.08.2004 eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagten erwirkt, mit der es diesen unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde,
im geschäftlichen Verkehr Duftwässer unter der Bezeichnung „X“ und „Y“ in den auf Bl. 2 der hiesigen Klageschrift eingeblendeten Ausstattungen anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben.

Gegen diesen Beschluss legten die Beklagten Widerspruch ein. Mit einem am 03.11.2004 am Ende der Sitzung verkündeten Urteil bestätigte das Landgericht Frankfurt am Main die einstweilige Verfügung. Mit Schreiben vom 13.12.2004 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen und setzte eine Frist bis zum 27.12.2004, um die vorbereitete Abschlusserklärung zu unterzeichnen. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten wies mit Telefax vom 20.12.2004 darauf hin, dass ihr das vollständig begründete Urteil noch nicht vorliege und daher die Entscheidung, ob die Abschlusserklärung abgegeben werden solle, noch nicht getroffen werden könne. Mit Schriftsatz vom 22.12.2004, bei Gericht eingegangen am 27.12.2004, erhob die Klägerin Klage, gerichtet auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht. Am 19.01.2005 wurde den Beklagten das begründete Urteil des Landgerichts in dem Eilverfahren zugestellt. Unter dem 01.03.2005 gaben sie die von der Antragstellerin geforderte Abschlusserklärung ab. Die Parteien erklärten daraufhin dieses Hauptsacheverfahren hinsichtlich des Unterlassungsantrages für erledigt. Mit Urteil vom 18.05.2005 entschied das Landgericht über die Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsklage in der Sache sowie über die Kosten des erledigten Unterlassungsantrages. Es erlegte die gesamten Kosten den Beklagten auf.

Gegen die Kostenentscheidung, soweit sie auf § 91 a ZPO gestützt ist, richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§§ 91 a Abs. 2, 567 Abs. 2 ZPO).

Zwar ist grundsätzlich die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, § 99 Abs. 1 ZPO. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes sieht das Gesetz jedoch in den §§ 99 Abs. 2, 91 a Abs. 2 ZPO vor. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Kostenentscheidung nicht von einer Entscheidung in der Hauptsache abhängt. Der Bundesgerichtshof hat die in diesen Fällen vorgesehene Beschwerde auch bei sogenannten Mischentscheidungen zugelassen, bei denen das Gericht einheitlich über die gesamten Kosten entschieden hat, obwohl die Kostenentscheidung zum Teil dem Ergebnis der Sachentscheidung folgt und sich nur zum Teil auf § 91 a oder § 93 ZPO stützt; allerdings kann dann lediglich die zu dem erledigten oder anerkannten Teil gehörige Kostenentscheidung angegriffen werden (BGHZ 40, 265, 270; Stein/Jonas-Bork, ZPO 22. Aufl., § 99 Rn. 13; Beschluss des Senats vom 21.04.2005, Az. 6 W 218/04 S. 3).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie auf die Unterlassungsklage entfallen, der Klägerin aufzuerlegen sind.

Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Unterlassungsklage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierbei ist auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen, also die Frage, ob die Beklagten Anlass zur Klageerhebung gegeben haben.

Ein solcher Anlass besteht für einen Kläger nur dann, wenn er bei Einreichung der Klage aus dem ihm bis dahin bekannten Verhalten des Beklagten vernünftigerweise den Schluss ziehen muss, es werde zu einer Durchsetzung seines Anspruchs der Anrufung des Gerichts bedürfen. Entschließt der Verletzte sich, zunächst eine einstweilige Verfügung zu erwirken, hat der Verletzer nur dann Anlass zur Erhebung der Hauptsacheklage gegeben, wenn er der Aufforderung, eine Abschlusserklärung abzugeben, nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachkommt. Diese Gelegenheit muss dem Verletzer auch dann gegeben werden, wenn er gegen eine zunächst im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung Widerspruch einlegt und das Gericht den Beschluss durch Urteil bestätigt. In diesem Fall muss der Antragsteller dem Antragsgegner nach Erlass des Urteils – unter Umständen zum zweiten Mal – Gelegenheit zur Abgabe einer Abschlusserklärung geben (OLG Düsseldorf GRUR 1991, 479, 481; OLG Köln WRP 1987, 188, 190). Denn es besteht im Regelfall eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass auch solche Antragsgegner, die sich mit einer ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschlussverfügung nicht zufrieden geben, nach Erlass eines bestätigenden Urteils geneigt sind, dieses als endgültige Regelung anzuerkennen (OLG Köln WRP 1987, 188, 191). Hierzu müssen sie allerdings Gelegenheit haben, das Urteil in vollständiger Form zur Kenntnis zu nehmen, da sie erst dann in der Lage sind, einzuschätzen, welche Chancen bzw. Risiken die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens birgt (Ahrens, Der Wettbewerbsprozess 5. Aufl. Kap. 58 Rn. 37; OLG Köln WRP 1987, 188, 190). Einem Antragsteller ist das Zuwarten in der Regel zuzumuten, weil sein Unterlassungsanspruch durch die einstweilige Verfügung gesichert ist. Eine hiervon abweichende Beurteilung mag im Einzelfall etwa dann angebracht sein, wenn ein Antragsgegner schon vor Zustellung des Urteils in vollständiger Form unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, die einstweilige Verfügung nicht als endgültige Regelung zu akzeptieren und es daher eine reine Förmelei wäre, von dem Antragsteller zu verlangen, zuzuwarten, bis der Antragsgegner das vollständige Urteil erhalten hat und ihm dann noch die Gelegenheit zu bieten, eine Abschlusserklärung abzugeben.

Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor. Die Beklagten haben im Gegenteil durch ihr Schreiben vom 20.12.2004 zu erkennen gegeben, dass sie die Abgabe einer Abschlusserklärung in Erwägung ziehen, die Entscheidung jedoch von der Begründung des Urteils abhängig machen wollen. Für die Klägerin bestand daher kein Anlass, noch vor Zustellung des vollständigen Urteils Klage auf Unterlassung zu erheben. Dieser ergibt sich auch nicht daraus, dass sie mit der Klage im Wege der objektiven Klagehäufung zugleich Auskunftsansprüche und die Feststellung der Schadensersatzpflicht verfolgt. Gemäß § 93 ZPO hat der Kläger die Prozesskosten zu tragen, wenn der Beklagte den Anspruch – hier also den Unterlassungsanspruch – sofort anerkennt. Der Kläger kann die Anwendung des § 93 ZPO nicht dadurch aushebeln, dass er weitere Ansprüche einklagt, deren Durchsetzung keinen Aufschub duldet. Abgesehen davon, dass dem der Wortlaut des § 93 ZPO entgegensteht, rechtfertigen es auch Billigkeitserwägungen nicht, dem Kläger die Möglichkeit zu geben, ohne das Kostenrisiko des § 93 ZPO Unterlassungsklage zu erheben, wenn die Verjährung des Schadensersatzanspruches droht. Denn der Kläger hat ohne weiteres die Möglichkeit, nach Ablauf der Wartefrist, wenn der Beklagte es ablehnt, eine Abschlusserklärung abzugeben, seine Klage um den Unterlassungsantrag zu erweitern.

Mit der Beurteilung, dass dem Verletzer grundsätzlich das vollständige Urteil vorliegen muss, bevor die Wartefrist zu laufen beginnt, setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 13.03.2003 (GRUR-RR 2003 274, 278). Dort ging es nicht um eine durch Urteil bestätigte einstweilige Verfügung, sondern um eine Beschlussverfügung, die zunächst nicht der Partei selbst, sondern ihren vorprozessual tätigen Anwälten zugestellt worden war, die sich jedoch als nicht zustellungsbevollmächtigt bezeichneten. Der Senat hatte daher die Frage zu entscheiden, ob es für den Beginn der Wartefrist auf eine formal ordnungsgemäße Zustellung der einstweiligen Verfügung oder auf die tatsächliche Kenntnis von ihrem Inhalt ankommt und sich für Letzteres entschieden, weil es sich bei der Wartefrist nicht um eine förmliche Frist, sondern um die an Billigkeitserwägungen ausgerichtete Erwägung handelt, der Schuldner solle vor der Entstehung weiterer Kosten die Gelegenheit haben, von sich aus zu regieren und die Streitigkeit abzuschließen.

Der Klägerin waren daher 7/9 der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Dabei hat der Senat die Streitwertangaben der Klägerin zugrunde gelegt, die von einem Streitwert in Höhe von insgesamt 90.000 Euro ausgeht, wovon 70.000 Euro auf den Unterlassungsantrag entfallen sollen.