OLG Düsseldorf, Kostenentscheidung Abmahnung Zugang
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Aktenzeichen:    2 W 23/00
Verkündet am:
21.06.2000

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

OLG Düsseldorf

BESCHLUSS



Tenor:


1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen das am 22. März 2000 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Streitwert für das Beschwerdeverfahren: die Summe der im ersten Rechtszug entstandenen Kosten.


Gründe

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, die sich dagegen wendet, daß das Landgericht auf ihren nur die Kostenentscheidung der durch Beschluß erlassenen einstweiligen Verfügung vom 19. April 1999 betreffenden Widerspruch diese Kostenentscheidung bestätigt, ihr also die Kosten des Verfahrens auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung auferlegt hat, ist nicht begründet.

Als in der Sache unterlegene Partei muß die Antragsgegnerin die Kosten tragen (§ 91 ZPO), weil ein Fall des § 93 ZPO nicht vorliegt.

Zwar hat die Antragsgegnerin dadurch, daß sie ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung von Anfang an nur auf die Kostenentscheidung beschränkt und die einstweilige Verfügung im übrigen als endgültige Regelung anerkannt hat, in einer einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO entsprechenden Weise eingelenkt. Sie hat aber gleichwohl die Kosten zu tragen, weil sie nämlich der Antragstellerin zur Anrufung des Gerichts Anlaß gegeben hatte.

Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, bestand für die Antragstellerin angesichts der Umstände des vorliegenden Falles nur dann Anlaß zur Anrufung des Gerichts, wenn sie die Antragsgegnerin wegen der beanstandeten Werbung vorher vergeblich abgemahnt hatte. Das hatte die Antragstellerin aber mit dem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 12. April 1999 (Anl. W 2) getan, von dem auch die Antragsgegnerin nicht in Zweifel zieht, daß es inhaltlich den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abmahnung genügte.

Zwar hat die Antragsgegnerin den Zugang dieses Schreibens und, soweit es um die Versendung des Schreibens als normaler Brief geht, auch seine Absendung bestritten, ohne daß die Antragstellerin die Absendung des Schreibens als Brief glaubhaft gemacht hat.

Glaubhaft gemacht hat die Antragstellerin aber durch die eidesstattliche Versicherung der bei ihren Verfahrensbevollmächtigten tätigen Sekretärin E K vom 16. Juni 1999 (Anl. W 5), daß ihre Verfahrensbevollmächtigten das Abmahnschreiben vom 12. April 1999 per Fax an die Düsseldorfer Telefax-Nummer ... abgesandt haben und daß diese Telefax-Nummer auf telefonische Anfrage unter der für die Antragsgegnerin benutzten Düsseldorfer Telefonnummer ... als Telefax-Nummer der Antragsgegnerin bezeichnet worden ist.

Zwar neigt der Senat an sich dazu, seine bisherige Rechtsprechung aufzugeben, wonach in Fällen, bei denen es um die Anwendung des § 93 ZPO geht und der Zugang einer Abmahnung beim späteren Beklagten oder Antragsgegner bestritten ist, zugunsten des verletzten Klägers oder Antragstellers ein Anlaßgeben zur Anrufung des Gerichts durch den Verletzer, also den Beklagten oder Antragsgegner, zu bejahen ist, wenn der Kläger oder Antragsteller nur bewiesen oder – im Falle eines Verfahrens auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung – glaubhaft gemacht hat, daß er ein inhaltlich ausreichendes und richtig adressiertes Abmahnschreiben ordnungsgemäß an den Verletzer abgesandt hat, und sich statt dessen der Ansicht anzuschließen, daß der Verletzte, um einer Kostenentscheidung nach § 93 ZPO zu entgehen, in derartigen Fällen den Zugang der Abmahnung beim Verletzten zu beweisen oder glaubhaft zu machen habe (vgl. dazu Kreft in Großkommentar zum UWG, vor § 13, Teil C Rdn. 73 ff.; Köhler-Piper, UWG, vor § 13 Rdn. 129; Ulrich, WRP 1998, 124 ff.; Zöller-Herget, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rdn. 6 unter "Wettbewerbsstreitigkeiten"; KG, WRP 1992, 716, 717; OLG Dresden, WRP 1997, 1201, 1203; OLG Düsseldorf, 20. Zivilsenat, NJWE-WettbR 1996, 256 = OLG-Report Düsseldorf 1996, 279 ff.).

Der vorliegende Fall weist allerdings Besonderheiten auf, die dazu führen, zugunsten der Antragstellerin anzunehmen, die Antragsgegnerin habe ihr im Sinne des § 93 ZPO Anlaß zur Anrufung des Gerichts gegeben, obwohl der Zugang des per Fax abgesandten Abmahnschreibens bei der Antragsgegnerin nicht nur nicht glaubhaft gemacht ist, sondern sogar viel dafür spricht, daß sie das genannte Fax-Schreiben nicht erhalten hat.

Es ist unstreitig, daß jedenfalls im April 1999 bei Anrufen unter der Düsseldorfer Telefonnummer ..., die nicht nur in dem den Anlaß des vorliegenden Verfügungsverfahrens bildenden, per Fax versandten Werbeschreiben der Antragsgegnerin, sondern auch in den damaligen Telefonbüchern als Telefonnummer der Antragsgegnerin genannt war, mittels einer Bandansage darauf hingewiesen wurde, die Telefonnummer der Antragsgegnerin habe sich geändert und laute jetzt ... (also D)/..., und daß sich dann, wenn man diese Nummer anrief, eine Stimme mit "A GmbH", also dem Namen der Antragsgegnerin meldete, obwohl Anschlußinhaberin der genannten Telefonnummer nicht die Antragsgegnerin ist, sondern die Firma R I O W, die dort ein sogenanntes Business Center unterhält und durch Vertrag mit der Antragsgegnerin die Beantwortung von telefonischen Anfragen für diese übernommen hat. Durch die eidesstattliche Versicherung der Sekretärin K hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, daß dieser vor Absendung des Abmahnschreibens vom 12. April 1999 bei einer telefonischen Anfrage unter der Nummer ... von der als Mitarbeiterin der "A GmbH" auftretenden Gesprächspartnerin als Fax-Nummer der Antragsgegnerin die Nummer ... genannt worden ist.

Zwar handelt es sich bei dem unter dieser Nummer betriebenen Fax-Anschluß objektiv nicht um einen solchen der Antragsgegnerin, sondern der Firma R, auch hat die Antragsgegnerin durch Vorlage einer Ablichtung des von ihr mit der Firma R geschlossenen Vertrages (Anl. AG 5) glaubhaft gemacht, daß sie die Firma R nicht auch mit der Entgegennahme von Telefaxen beauftragt hat (was die Firma R grundsätzlich auch anbietet), vielmehr ihren Fax-Verkehr weiterhin unter ihrer Fax-Nummer ... selbst abwickelt. Wenn daher auch die Auskunft, die von der Firma R im Namen der Antragsgegnerin über deren Fax-Anschluß der Sekretärin der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erteilt worden ist, falsch war, so muß die Antragsgegnerin sie im Verhältnis zur Antragstellerin doch gegen sich gelten lassen, weil sie die Firma R mit der Bearbeitung der an sie gerichteten telefonischen Anfragen beauftragt hat und ein Anrufer, der die tatsächlichen Verhältnisse nicht kannte, bei einem Anruf nicht feststellen konnte, daß die ihm erteilte Auskunft, die Antragsgegnerin sei über die Fax-Nummer ... zu erreichen, nicht von der Antragsgegnerin selbst stammte und außerdem unrichtig war.

Es war daher allein von der Antragsgegnerin zu vertreten, wenn das als Fax versandte Abmahnschreiben vom 12. April 1999 sie nicht erreicht hat, so daß sie sich im Verhältnis zur Antragstellerin so behandeln lassen muß, als sei ihr das Abmahnschreiben zugegangen; sie hat daher durch die Nichtabgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung als Reaktion auf das Abmahnschreiben der Antragstellerin Anlaß gegeben, das Gericht anzurufen.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.