Rechtsanwalt Ralf Möbius

Ordnungsgeld

Ordnungsgeld ist neben der Ordnungshaft ein von der ZPO in der Zwangsvollstreckung vorgesehenes Ordnungsmittel. Es ist dabei Teil des sogenannten Bestrafungsverfahrens.

Relevanz erlangt das Ordnungsgeld in Zusammenhang mit einer einstweiligen Verfügung, vor allem im Bereich von wettbewerbsrechtlichen Verstößen. Im Rahmen der einstweiligen Verfügung wird dabei ein bestimmtes Verhalten untersagt bzw. die Duldung eines bestimmten Verhaltens angeordnet. Wird anschließend gegen diesen Inhalt der einstweiligen Verfügung verstoßen, so kommt die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Betracht.

Der Verhängung eines Ordnungsgeldes hat in diesem Zusammenhang zunächst die vorherige Androhung des Ordnungsgeldes durch das Gericht vorauszugehen, die in der Regel schon in der Verfügung selbst enthalten ist. Andernfalls ist bei fehlender Androhung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes unzulässig.

Sofern die Androhung nicht bereits in den Tenor der Verfügungsentscheidung aufgenommen worden ist, kann beim Prozeßgericht des ersten Rechtszugs beantragt werden, eine solche Androhung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO zu erlassen.

Der Titel, also die einstweilige Verfügung, muß zudem zugestellt worden und noch vollstreckbar sein.

Schließlich muß gegen den Inhalt der Verfügung dann seitens des Verfügungsverpflichteten verstoßen worden sein.

Sodann ist gem. § 890 ZPO ein Antrag zur Verhängung des Ordnungsgeldes seitens des Gläubigers, also des Antragsstellers der einstweiligen Verfügung erforderlich.

Innerhalb des antragsgemäß eingeleiteten Bestrafungsverfahrens gilt dann, im Gegensatz zum Amtsermittlungsverfahren des Strafverfahrens, die Parteimaxime. Das heißt, daß der Nachweis des durch den Antragsgegner begangenen Verstoßes mit den Mitteln des zivilrechtlichen Beweisverfahrens seitens des Antragsstellers zu erfolgen hat, sofern ein Verstoß seitens des Antragsgegners bestritten wird. Zudem setzt die Verhängung eines Ordnungsgelds ein ebenfalls durch den Antragssteller nachzuweisendes Verschulden auf Seiten des Antragsgegners voraus. Diesbezüglich ist es erlaubt, die Grundsätze des Anscheins heranzuziehen. (BVerfG NJW 1991, 3139).

Die Höhe eines Ordnungsgeldes kann sich gemäß des gesetzlich festgelegten Rahmens in einem Bereich von bis zu 250.000 EURO bewegen. Die genaue Höhe des Ordnungsgeldes liegt im Ermessen des Gerichts und wird von diesem im Rahmen des Bestrafungsverfahrens festgesetzt. Die Bemessung des Ordnungsgeldes hat sich dabei an seinem Zweck und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu orientieren: "Zu berücksichtigen sind deshalb bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten."(so BGH, Beschluss vom 23.10.2003, Az. I ZB 45/ 02).

Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO haben einen doppelten Zweck. Als zivilrechtliche Beugemaßnahme dienen sie der Verhinderung künftiger Zuwiderhandlungen. Daneben stellen sie eine strafähnliche Sanktion für die Übertretung des gerichtlichen Verbots dar. Die Höhe des Ordnungsgeldes ist vom Gericht so zu bemessen, dass sich eine Titelverletzung für die Schuldnerin nicht lohnt. Für die Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes kommt es auf das Ausmaß des Unrechts und den Grad des Verschuldens an. Darüber hinaus sind nach dem Grundsatz der Opfergleichheit bei der Verhängung einer Geldstrafe und dementsprechend bei der Festsetzung eines Ordnungsgeldes die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters oder des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass die Sanktion bei vergleichbaren Straftaten oder Zuwiderhandlungen unterschiedlich bemittelte Täter oder Zuwiderhandelnde gleich schwer trifft, (vgl. BGH Beschluss vom 8. Dezember 2016, Az.: I ZB 118/15). Das Ordnungsgeld ist dabei nicht an den Gläubiger zu zahlen, es fällt vielmehr der Staatskasse zu.

Die Höhe des vom Gericht festgesetzten Ordnungsgeldes darf nicht ungeeignet sein, den Schuldner von künftigen Zuwiderhandlungen abzuhalten und damit die präventive Funktion des Ordnungsgeldes zu wahren. Bei wiederholten Verstößen gegen einen Urteilstenor ist das folgende Ordnungsgeld zu erhöhen, weil das vorangegangene Ordnungsgeld offensichtlich nicht geeignet war, eine Zuwiderhandlung zu verhindern. Ein in der Rechtsprechung bekanntes Beispiel für eine ganze Kette von Ordnungsgeldern in ungeeigneter Höhe trotz fortlaufender Zuwiderhandlungen einer Schuldnerin gegen einen Unterlassungstenor, ist der Fall der sogenannten Turboquerulantin, bei dem das Amtsgericht Nienburg die Höhe der Ordnungsgelder in sechs aufeinander folgenden Beschlüssen zunächst von EUR 300,- auf EUR 1.500,- steigerte, um dann die Ordnungsgelder mit den nachfolgenden Beschlüssen wieder bis auf EUR 300,- abzusenken. Der zehnte Ordnungsgeldbeschluss wurde dann wieder auf EUR 500,- erhöht, ohne dass sich das Sanktionsinteresse des Gläubigers im Laufe der Zeit vermindert hätte. Anläßlich dieser bundesweit einmaligen Justizposse wurde in Justizkreisen von einem "Weltrekord" gesprochen, denn zehn aufeinander folgende Ordnungsgelder in einer Sache hatte es bis dahin in Deutschland noch nicht gegeben. Der Unfähigkeit des Amtsgerichts Nienburg, den Gläubiger über Jahre vor laufenden Zuwiderhandlungen wirksam zu schützen, wurde daher scherzhaft mit einem Sonderdruck im DIN A4-Format (.jpg/.pdf) gedacht.

Eventuell ist es auch möglich, ein Ordnungsgeld auch in eine Vergleichslösung aufzunehmen. Die Frage, ob im Rahmen eines Vergleichs sowohl die Vereinbarung einer Vertragsstrafe als auch eines Ordnungsgeldes aufgenommen werden kann, hat der BGH dabei zumindest unter Hinweis darauf bejaht, daß die Geltendmachung beider Rechte vernünftigerweise zu einer Reduzierung der Beträge führen kann. Ob die Parteien aber die Rechtsmacht haben, eine staatliche Sanktion im Vergleichswege zu vereinbaren, hat der BGH in diesem Zusammenhang jedoch nicht explizit entschieden. In der Vergangenheit war dies strittig.

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners führt zu keiner Unterbrechung eines gegen den Schulnder gerichteten Vollstreckungsverfahrens. Die Vollstreckung von ersatzweise angeordneter Ordnungshaft ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht gehindert (vgl. BGH, Beschluss vom 18.12.2018 - I ZB 72/17). Die Vollstreckung einer Ordnungshaft hat auch nicht deshalb zu unterbleiben, weil die Gefahr einer weiteren Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Dies hat nach Festsetzung eines Ordnungsmittels – auch vor dem Hintergrund von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG – aber nicht zur Folge, dass ein Ordnungsmittelverfahren aufzuheben oder einzustellen ist.

Denn der Vollzug einer Ordnungshaft knüpft auch am Sanktionsinteresse des Gläubigers an. Solange dieses besteht, muss zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Ordnungsmittelverfahrens die Vollstreckung fortgeführt werden. Das Sanktionsinteresse des Gläubigers konkretisiert sich ebenso wie sein Beugeinteresse im Antrag auf Festsetzung des Ordnungsmittels, dessen Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Ordnungsmittelbeschlusses ausgeschlossen ist. Die strafähnliche Ahndung dient als vollstreckungsrechtliches Mittel zur Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands durch Sühne für die begangene Zuwiderhandlung.

Im Interesse der Funktionsfähigkeit des Ordnungsmittelverfahrens soll die Titelverletzung für den Schuldner zu keinem Zeitpunkt als wirtschaftlich oder persönlich lohnend erscheinen. Das gilt auch für den Fall, dass ein Schuldner geltend macht, durch seine Zahlungsunfähigkeit sei es ihm unmöglich, das Ordnungsgeld zu leisten, so dass er die drohende Ordnungshaft nicht durch Zahlung abwenden könne. Denn dem Vollstreckungsschuldner steht kein Wahlrecht zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft zu, weil § 890 ZPO ein gestuftes Sanktionensystem beinhaltet, bei dem die nicht originär angeordnete Ordnungshaft nur im Falle der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes an dessen Stelle tritt.

Dass ein Schuldner durch eine Privatinsolvenz in die Lage geraten kann, die Ordnungshaft antreten zu müssen, weil er diese nicht mehr durch Zahlung abwenden kann, ist eine der Systematik des § 890 ZPO immanente Folge, die keine unbillige Härte im Sinne von § 765a ZPO begründet, denn wenn der Schuldner einen schuldhafter Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot begangen hat, ist die Vollstreckung der Ordnungshaft von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. 5. 2017 – 2 BvR 335/17. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob den Schuldner ein Verschulden an seiner Zahlungsunfähigkeit trifft. Kann das Ordnungsgeld wegen einer Privatinsolvenz nicht beigetrieben werden, muss der Schuldner die für diesen Fall vorgesehene Ordnungshaft antreten.